Bilder von Rocke, Valentiner, Hahn und 20 Kunstlaborantinnen in Tübingen
TÜBINGEN (pme). Sie kam von der farbigen Malerei über Schwarz-Weiß-Bilder zur Zeichnung als dem zur Zeit ausschließlichen Medium ihrer künstlerischen Arbeit. Dorothee Rockes in der Galerie „Joho“ ausgestellte Zeichnungen drücken sich bisweilen an den Rand eines Blatts oder ziehen sich in selbstbezogene Kritzelei zurück, Hingehuschtes aus dem Unbewußten. Beides sind Symptome, denen man bei Zeichnungen von Kindern oft begegnet, die ja noch stark in einer eigenen, von den Wahrnehmungs- und Abbildungskonventionen wenig berührten Welt leben. Die Zeichenlehrer versuchen dann in der Regel, den Kindern das wie der auszutreiben.
Dorothee Rocke aber will genau da wieder hin. Und es ist verblüffend: Schaut man sich ihre Zeichnungen an, weiß man genau, wie schwer, wie hart, wie bewegt, kurz: wie beschaffen alles dort Abgebildete ist, auch die Stimmung ist deutlich. Manchmal sind auch Teile aus der uns allen bekannten sichtbaren Wirklichkeit zu entdecken. Nur was das Ganze darstellt, das weiß man nicht. Seit einiger Zeit setzt sich die Künstlerin Tag für Tag in der Heidelberger Sammlung Prinzhorn der Zeichnung eines psychisch kranke Menschen gegenüber, lässt sich zu ein ganzer Zyklus ist so entstanden. Ein Weiterer Zyklus verdankt sich synästhetischer Umsetzung eines Stücks von Hohn Cage, ein Strichensemble wie Schilfgras in einer Winterlandschaft. Anderes erinnert entfernt an abstrakte luftbilder. Oft sorgen Zarte, neben die einzelnen Elemente gesetzte Punkte für Umschattungen, schaffen Plastizität.
Info : Dorothee Rockes Arbeiten bei joho sind mittwochs von 12-16 Uhr, donnerstags und freitags von 16-19 Uhr und samstags von 11-15 Uhr in der Uhlandstraße 9 zu sehen. Noch bis zum 15. Februar.
Christine Hahn und Peter Valentiner sind Künstlerpaar, das mit unterschiedlichen Mitteln ähnliche Effekte zu erzeugen versucht. Eine Doppelausstellung in Sudhaus-Galerie (Peter Valentiner) und – ein paar Treppen höher – der Künstlerei zeigt die Techniken. Die Wirkung der Bilder; ein eigenartiges Flirren und Oszillieren, eine fließende, bewegte Oberfläche, räumliche Optik, die sich beim Vorübergehen hologrammartig verändert, Jedenfalls bei den Werken Christine Hahns.
Die Arbeiten Valentiners treiben noch ein anderes Spiel mit dem Betrachter: Tritt man bei den Werken Hahns sofort vors Bild, um die gleich ins Auge fallende, ungewöhnliche Machart zu studieren, kann man Valentiners Bilder lange für „einfache“ Gemälde halten, bis man deren Doppelbödigkeit entdeckt: Valentiner malt ein Bild aus Farbflächen und Klebt dann eine weitere Schicht, eine bemalte Schneidearbeit darüber, die das Ursprungsbild an manchen Stellen überdeckt, an anderen freilegt.
Auch seine Kollegin Hahn überzieht ihre Bilder, aber ganzflächig und transparent, mit Wachs oder ähnlichen Materialen, unter denen ihre kurzen, dicken Pinselstriche, die Grundelemente Ihrer Malerei, vielfältig gebrochen werden, zu tanzen beginnen. Bei Peter Valentiner sind es eher rautenoder schlangenförmige Farbfelder, die sich, lässt man den Blick nur tief genug hineinfallen, zu drehen beginnen.
Info : Die Arbeiten von Christine Hahn und Peter Valentiner sind von Montag bis Freitag zwischen 14 und 18.30 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr und samstags von 12 bis 16 Uhr in der Sudhaus-Galerie und der dortigen Künstlerei zu sehen. Und zwar noch bis zum 12. Februar.
Auf die derzeit in der Kulturhalle ausgestellten Bilder kann hier nicht in gleicher Weise eingegangen werden, denn es handelt sich um 28 Bilder von 20 Künstlern. Die Künstler stammen aus dem Kunstlabor Carola Dewors, haben sich über einen langen Zeitraum mit ihrem jeweiligen Projekt beschäftigt, und man muss schon staunen, welches Niveau und welche Palette an Stilrichtungen hier präsentiert werden.
Mit den gewöhnliche Ergebnisse eines Kunstkurses für Laien hat das nichts zu tun. Jede der Arbeiten Zeigt eine so individuelle wie genau beschreibbare Versuchsanordnung, ein Ansatz, der die Handschrift von Kursleiterin Dewor Zeigt.
Kunst wird in dieser Ausstellung nicht unwesentlich von ihrer forschenden, experimentierenden Seite gezeigt. Da gibt es etwa Bilder, die am Computer bearbeitet, verzerrt werden. Die so entstandenen Computerbilder werden dann wieder auf Leinwand nachgemalt. Dann gibt es in einer Nische eine Art Dunkelkammer, in der ein teils mit phosphoreszierenden Farben gemaltes Bild ganz anders nachleuchtet als es sich dem Betrachter vorher bei Licht Offenbarte. Oder drei chromatische Flächen, sogenannte „Polaroidvergrößerungen“. Oder will uns der Titel hier auf eine falsche Fährte locken? Es geht aber nicht immer um neue Technik. Das ehrwürdige Stillleben, der Tisch mit Früchten ist auch präsent, gleich zweimal, und sinnigerweise nebeneinandergehängt, zum Vergleich. Was passiert, wenn die zum Sujet gehörende Opulenz der Tafel durch eine reduzierte Chiffrenzeichensprache kontrastiert wird? Spannende Fragen, die Ausstellung sei hiermit allen wärmstens anempfohlen.
Info : Die Ausstellung ist von Dienstag bis Freitag zwischen 15 Und 18 Uhr, am Samstag von 11 bis 13 Uhr in der Kulturhalle am Nonnenmarkt zu sehen. Sie läuft noch bis zum 23. Februar.
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